FATMES | Die Predigt und der Griot

Das war eine homiletische Übung der besonderen Art. Die Studenten erhielten die Aufgabe, in zwei Gruppen eine Predigt zu Johannes 3,1-18 vorzubereiten. Sie sollte aber nicht im üblichen Monolog vorgetragen werden, sondern so, wie es in Mali die traditionellen Griots machen. Die Predigt wurde von zwei Protagonisten aus der jeweiligen Gruppe vorgetragen.
Griots treten zu zweit auf. Der Anlass ist meist ein öffentlicher - Geburtsage, Kindersegung bzw. Namensgebung, Gedenktage, Hochzeiten, selbst bei Trauerfeiern. Im animistischen und muslimischen Milieu ist der Griotstil generell als eine wirksame Methode der Kommunikation anerkannt.
Der Griot hält eine stark mit Gesten untermauerte Rede, erinnert an die Geschichte der Familie oder lobt die Leute in höchsten Tönen. Dabei wird er von seinem Partner bestätigt, ja geradezu ermutigt oder angefeuert. Anschließénd macht ein Gefäß die Runde, wo die Zuhörer die Möglichkeit haben, den Griot für seine rhetorische Meisterleistung "zu entlohnen".
Es sind kurze Formeln, die dabei benutzt werden wie kosebe - ja, genau, oder do fara a kan - füge noch was hinzu, oder ein einfaches namu - ja, hab verstanden, oder an kalan - lehre uns oder auch ein stark tonalisiertes hm! - ein Ausdruck der Verwunderung oder Überraschung usw. Manchmal wird der Griot von seinem Partner durch kleine Lobeshymnen unterbrochen. Diesen traditionellen Stil sollten die Studenten benutzen und ihre vorbereitete Predigt, ca. 10 Minuten lang, vortragen.

Es war die reine Freude. Manchmal wurde das Ganze zwar etwas zu theatralisch, und wir hatten den Eindruck, dass die agierenden Personen die Botschaft überlagern. Doch wir haben gemerkt, dass es eigentlich sehr schade ist, wenn diese Art des lebendigen, dialoghaften und gestenreichen Vortrags nicht stärker in der missionarischen Gemeindearbeit genutzt würde. 
Anschließend haben wir die Vorträge analysiert und die Vor- und Nachteile herausgearbeitet. Wir waren uns einig: im traditionellen sonntäglichen Gottesdienst wäre dieser Predigtstil eher eine Provokation, doch für den evangelistischen Rahmen oder bei Jugendkonferenzen sehr wohl geeignet. Auch für Radiopredigten hielten wir den Stil für sehr brauchbar.
Wir haben auch zusammengetragen, warum dieser Stil in den Gemeinden eher als verpönt angesehen wir. Er erinnert wohl zu sehr an Animismus und Islam, und außerdem ist Geld im Spiel - weshalb Missionare der ersten Generation sich davon distanziert haben. Er ist einer heiligen Rede im Gottesdienst nicht würdig und angemessen. Ein Pastor, der sich bei der Predigt zu stark bewegt und herumgestikuliert wird wohl weniger ernst genommen, sagt man. Bei dieser Position sind die Gemeinden bis heute geblieben ... Doch eigentlich gehören die Bewegung wie die Rede und der Dialog gleichermaßen zur afrikanischen Kultur. Es gibt einige malische Evangelisten, die diesen Stil beherrschen und praktizieren und dabei bei Nichtchristen auf große Aufmerksamkeit stoßen.
Mal sehen, was die Studenten daraus machen ... 

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