Koulikoro | Verbrecher in Ketten und weißen Hemden
Heute Morgen starteten wir
nach Koulikoro. Dort gibt es ein Männergefängnis, wo zurzeit knapp 90 Personen
einsitzen. Enoc. S., der die christliche Gefängnisarbeit im Namen der Ev.
Allianz in Mali koordiniert, war unser Begleiter. Wir wollten die Situation im
Knast kennen lernen und mit den Verantwortlichen überlegen, ob und wie wir uns
in Zukunft dort engagieren können.
Koulikoro liegt 65 km östlich
von der malischen Hauptstadt Bamako entfernt. Die Straße dorthin ist zwar
asphaltiert, aber mit zahlreichen Schlaglöchern bestückt, so dass wir erst nach
einer Stunde Fahrt am Gefängnis ankommen. Wir werden herzlich empfangen. Wir übergeben
einen Sack Reis, etwas Seife und Zucker für die Gefangenen und etwas Tee
für die Wachmannschaft. Wir reden mit dem Wachpersonal über die Weihnachtsgeschichte und überreichen 50 Exemplare des Lukasevangeliums und
evangelistische Traktate. Sofort wird jemand herbeigerufen, um die Schriften an
die Gefangenen zu verteilen
Einer der Wächter führt uns
durch den Knast und die Zellen. In einem Schlafsaal sind ca. 20 meist jüngere
Verbrecher eingekerkert. Wir sehen einen jungen Mann, der mit Ketten gefesselt
ist und sich kaum bewegen kann. Er hat einen Mord auf dem Gewissen und wartet
noch auf sein Urteil. Viele der Langzeitinhaftierten haben seit 10 Jahren kein
Familienmitglied mehr gesehen. Die Schlafmatten sind teilweise zerfetzt oder
gar nicht vorhanden. Doch die Zellen sind zu unserer großen Überraschung sauber
gefegt. In der heißen Zeit, so unser Begleiter, hält man es in den Zellen kaum
aus. Deshalb hat man draußen auf dem Hof einen vergitterten Raum errichtet, der
vor Regen und Sonneneinstrahlung schützt und den Winddurchzug ermöglicht. Wir unterhalten uns kurz mit dem ein oder anderen und wünschen ihnen gute Perspektiven für die Zeit nach dem Knast und Gottes Segen.
Auf dem gleichen Gelände
befinden sich moderne Gebäude. In diesen gut erhaltenen Reihenhäusern sind Militärs,
Verwaltungsbeamte und ehemalige Minister aus Ruanda inhaftiert, die 1994 in den
Völkermord involviert waren, schuldig gesprochen wurden und jetzt in Mali ihre
langjährigen Haftstrafen absitzen.
Einer der ruandischen
Inhaftierten ist Krankenpfleger und kümmert sich im Auftrag der
Gefängnisleitung um die Kranken. Er präsentiert sich in einer schwarzen Hose und weißem Hemd. Doch eine weiße Weste hat auch er nicht. Er zeigt uns seinen kleinen Behandlungsraum. Der ist zwar spärlich eingerichtet aber sauber. In einem kleinen Metallschrank
befinden sich einige Medikamente und Verbandsmaterial. Christiane tauscht sich
mit ihm aus und fragt nach den Krankheitsfällen, die er behandelt. Wir nehmen
eine Liste mit, auf dem er die fehlenden Medikamente notiert hat. Die Ursachen
für die Erkrankungen liegen besonders in der einseitigen bzw. zu dürftigen
Ernährung begründet.
Am Rande erkundigen wir uns nach
Möglichkeiten, bei weiteren Besuchen, in den Zellen der Gefangenen eine Andacht
zu halten. Dies wird ausdrücklich begrüßt. Enoc erzählt uns, dass ab und zu ein
Imam vorbei schaut. Diese Besuche finden jedoch bei den Gefangenen weniger Anklang,
da er sie ständig wegen ihrer Straftaten „zur Minna macht“, statt ihnen Perspektiven
aufzuzeigen. Es wäre ebenfalls möglich, mit den Jugendlichen Sport zu treiben.
Im Hof der Gefängnisanlage gibt es eine Basketballanlage und ein Multifunktionsfeld,
wo wir auch Fußball spielen könnten.
In Mali sind die meisten
Gefängnisse überbelegt. Die medizinische Versorgung und die Ernährungslage sind
defizitär. Das ging aus dem jüngsten Bericht von internationalen
Menschenrechtsorganisationen hervor. Der Knast in Koulikoro macht da
keine Ausnahme.
Auf der Rückfahrt überlegen
wir gemeinsam mit Enoc, wie ab 2015 unser Engagement aussehen könnte. Evtl.
zwei bis dreimal im Monat dort aufkreuzen, um Andachten zu halten, bei der
medizinischen Versorgung mitzuwirken, Sport zu treiben mit den Gefangenen und
die besonders Schwachen mit Essen zu versorgen.
Wir haben noch keine
Entscheidung getroffen und warten den Januar 2015 ab.
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