Bamako | Nur leere Tonnen machen Lärm
… besagt ein
afrikanisches Sprichwort. Den Vorwurf, nur leere Worte zu verbreiten, ohne wirklichen
Inhalt und konkrete Taten, den müssen sich die politischen und religiösen
Leiter in Mali zurzeit gefallen lassen. Die einen weil sie nicht tun, was sie versprochen
haben und die anderen, weil sie schweigen und sich zu wenig einmischen.
Der Journalist Boubacar
S. bringt es auf den Punkt: "Die religiösen Leiter glauben an einen Gott,
ans letzte Gericht und sie vollbringen gute Werke der Barmherzigkeit. Aber
dabei darf es nicht bleiben." Hier unten mitten in der Gesellschaft haben
fromme Leiter einen Job zu erledigen.
Nach dem Sturz des
in den Senegal geflüchteten Präsidenten und der Zeit der Übergangsregierung haben die meisten der religiösen Führer des Landes, sowohl Christen als auch Muslime, den 2013 gewählten Präsidenten
unterstützt, in der Hoffnung, dass er den malischen Karren, festgefahren im Dreck von Rebellion, Wirtschaftskrise und Putsch, wieder herausziehen
kann. Nach dessen Wahl sind sie auf den Präsidentenhügel marschiert und haben dem neuen Staatsoberhaupt hoch und heilig versprochen, ihm mit Rat und Gebeten zur Seite zu stehen. Sie
haben munter der Aufforderung zugestimmt, den Mächtigen auch das zu sagen, was
den Wegen Gottes nicht entspricht. Genau das ist nach malischer Auffassung die
Aufgabe religiöser Führer. Sie sind nicht nur dazu da, den Mächtigen den Segen
Gottes zuzurufen und ihnen Honig um den Mund zu schmieren. "Amtswürde hat nichts mit
belanglosem Stolz zu tun und Ehre nichts mit Hochmut", so der Journalist Boubacar S. Doch genau dahin ist die
malische Politik abgestürzt, in visionslose Belanglosigkeit und ehrlosen Hochmut.
Geistliche Leiter sollen
mutig die Wahrheit sagen, wenn alle anderen wegen moralischer Befangenheit ihre
Glaubwürdigkeit verloren haben, weil sie in Vetternwirtschaft, Korruption,
krumme Geschäfte und gleichwertige Skandale verstrickt sind. Wenn die Mächtigen
auf Kosten ihres eigenen Volkes Politik betreiben und sich bereichern, dann
müssen die geistlichen Leiter des Landes zu Propheten werden und Kritisches
sagen – wenn nicht jetzt, wann dann?
In der Tat hören wir von
vielen Skandalen, falschen Rechnungen und Bestechungsgeldern. In Algier wird über das Schicksal Malis verhandelt und die Bevölkerung fühlt sich schlecht informiert und abgehängt. Die Kritik in der malischen Bevölkerung nimmt zu. Doch was ändert sich?
„Die Malier sind
geduldige Leute“, sagte uns letztes Wochenende ein Uniprofessor. „Die lassen
die Verantwortlichen machen, bis sie mit ihrem Gehabe an die Wand gefahren
sind. Vorher wird nur geredet, abgewartet, aber nicht entscheidend gehandelt“.
In kritischen Zeiten
klare Worte sagen und mit gutem Beispiel voran gehen, das ist die Aufgabe geistlicher
Leiter. Nur so wird sich die Mentalität eines Volkes verändern.
In Mali gibt es zu wenige
Leute, die es wagen, die Wahrheit zu sagen. Selbst wenn Leute um die Missstände
wissen, wird lieber ein Tee getrunken und gescherzt als Tacheles geredet. Das
beobachten wir auch in christlichen Kreisen.
Doch die Öffentlichkeit
erwartet, dass die Stimme der Pastoren hörbar wird, dass ethische Positionen
formuliert werden, dass Glaube relevant und die Gesellschaft transformiert
wird.
Boubacar S. schließt
seinen kritischen Artikel mit den Worten: „Wenn ihr wirklich mit Gott im Bunde
steht, dem Gott Mohammeds und dem Gott Jesu Christi, dann erwarten wir von euch,
dass ihr auf die gesellschaftlichen und politischen Skandale reagiert. Gott
erwartet von euch, dass ihr euch mit Schweiß auf der Stirn engagiert.
Stattdessen herrscht Funkstille.“
Gesellschaftstransformation als missionarischer Auftrag der Kirche mag in christlichen Kreisen des Westens hier und da noch umstritten sein. Hier
in Mali wird sie sogar von Journalisten eingefordert. Dazu muss die Gemeinde
Jesu aber noch ein wenig wacher werden. Die Reden müssen lauter, mutiger und
prophetischer, sie müssen gesellschaftskritischer werden. Und die Taten müssen
viel stärker von Hoffnung und überzeugender Ethik geprägt sein - gerade in einem Land wie Mali, das zu den ärmsten der Erde zählt.
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