Bamako | Krankenpfleger verstirbt an dem tödlichen Ebola-Virus


Wir haben alle aufgeatmet als der Gesundheitsminister am Montagabend Entwarnung gab. Die Personen, die im Kontakt mit dem an Ebola verstorbenen Mädchen standen und in Quarantäne waren, sind gesund. Keiner von ihnen hat die für Ebola typischen Symptome gezeigt. Schon vor zwei, drei Tagen haben uns Leute gefragt: „Können wir jetzt weitermachen wie vorher, uns grüßen wie vorher, ohne die strikten Hygienevorschriften zu beachten?“ Diese Frage zeigt, dass viele Menschen in Mali noch nicht wirklich begriffen haben, worum es geht. Es geht letztlich nicht darum, Anordnungen zu befolgen, sondern darum zu verstehen, was hinter diesen Maßnahmen steckt. Es geht nicht um Gehorsam, sondern um den Schutz vor einem gefährlichen Virus. Der Mangel an Hygiene und das Ignorieren bestimmter Verhaltensregeln erhöht das Risiko, von Ebola-Kranken angesteckt zu werden.
Gestern Abend (11.11.) ist ein Krankenpfleger, der in einer Klinik in Bamako gearbeitet hat, an Ebola verstorben. Er hatte die Pflege eines alten Imam (Marabout) übernommen, der sich in Guinea angesteckt hatte. Von der Deutschen Botschaft in Bamako erhielten wir heute Morgen eine entsprechende Bestätigung und den Aufruf, weiter die strikten Verhaltensregeln zu beachten. Die Gefahr ist noch nicht vorbei. Die betroffene Klinik PASTEUR wurde inzwischen desinfiziert und für drei Wochen geschlossen. Die Regierung tut alles, um die Bevölkerung aufzuklären, ohne dabei Panik zu verbreiten. Doch das Problem liegt woanders. Die Gesundheitsbehörden haben es nicht in der Hand, ob die Empfehlungen und Hygienemaßnahmen von der Bevölkerung akzeptiert und umgesetzt werden.
Die Reaktionen in der facebook-group STOP EBOLA zeigen, dass viele von einem mystischen, religiös überhöhten Denken oder auch vom Misstrauen gegenüber den Ideen des Westens, der UNICEF u.a. Organisationen geprägt sind.
„Nur Gott kann uns beschützen“, sagen sie. Ja, natürlich ist das wahr. Aber das schließt verantwortliches Handeln nicht aus, sondern ein.
„Ebola ist eine Erfindung des Westens, um die Afrikaner zu eliminieren oder einzuschüchtern“, schreibt ein anderer. Was soll man gegen solche Verschwörungstheorien unternehmen?
Zum Glück nehmen die meisten die Warnungen ernst und bescheinigen den Gesundheitsbehörden, dass sie eine gute, verantwortliche Arbeit machen.
Doch viele fragen auch kritisch zurück: „Wie konnte es dazu kommen, dass die Großmutter des erkrankten Kindes unbehelligt in einem Überlandbus über Bamako nach Kayes reisen konnte?“ Mit wie vielen Menschen ist sie wirklich in Kontakt gekommen?“ Inzwischen stellt sich heraus, dass die Oma mit ihrem Enkel zehn Tage in Bamako verbracht hat.
„Wieso haben die betroffenen Familien und Verwandten nichts unternommen, obwohl die Sensibilisierungschampagnen der Regierung in Sachen Ebola auf Hochtouren laufen?“
„Warum werden die Grenzen nach Guinea nicht geschlossen?“
Es gibt Menschen, die einfach weitermachen wie vorher, die einfach nicht verstehen oder verstehen wollen. Dabei riskieren sie nicht nur ihr eigenes Leben, sondern auch das ihrer Mitbürger.
Journalisten von AFRIKAN haben den Verlauf der Übertragung des Ebola-Virus im Fall des gestern verstorbenen Krankenpflegers recherchiert. Das, was dabei ans Licht gekommen ist, zeugt von Unverantwortlichkeit, charismatisch-religiöser Überheblichkeit und Naivität.
Der Ende Oktober verstorbene Marabout (islamischer Geistlicher und gleichzeitig traditioneller Heiler) war, so die Internetplattform AFRIKAN, auf Wunsch einer von Ebola betroffenen Familie aus der Grenzregion Mali-Guinea (Kouremale) ins südliche Guinea gereist. Er sollte Allah und die Geister um Hilfe anrufen und für Heilung beten. Dass es sich bei dieser Person um einen Imam handelte, wurde inzwischen auch von anderer Seite bestätigt. Die Heilung blieb jedoch aus. Die an Ebola erkrankten Menschen in Guinea verstarben. Der Marabout reist danach unbehelligt in Begleitung von zwei seiner Frauen und seinem Sohn zurück nach Mali. Er erkrankt und lässt sich zunächst in einer Privatklinik in Siguiri (Region Kankan im Norden Guineas) behandeln. Die Behandlung zeigt keine Erfolge und die Familie beschließt den ca. 70-jährigen Imam in der besagten Klinik PASTEUR in Bamako behandeln zu lassen. Dort wurde er mit Verdacht auf Lungenentzündung behandelt. Andere Quellen sprechen von "Unwohlsein", Symptome, die zumindest angesichts der sensiblen Lage in Westafrika hätten aufhorchen lassen müssen. Doch der Imam verstirbt. Die Klinik informiert jedoch nicht die Behörden, so wie es zu erwarten gewesen wäre. 
Der Normalbürger fragt sich: Ein Patient kommt aus Guinea nach Mali und erkrankt. Warum wurden zu diesem Zeitpunkt nicht schon die Alarmglocken geläutet? Stattdessen erteilt die Klinikleitung auf Drängen der Familie die Erlaubnis, die Leiche abzuholen, in einer nahegelegenen Moschee (Diala) zu waschen, zurück nach Kouremale zu transportieren und dort traditionell zu begraben  – ohne Hinweis auf jegliche Vorsichtsmaßnahmen. Erst als der behandelnde Krankenpfleger einige Zeit später erkrankt, schlägt die Klinik Alarm. Der Direktor der Klinik erklärte am 11.11. in einer Pressekonferenz, dass die Gesundheitsbehörden erst sehr spät darüber informiert hätten, dass es sich im Fall des verstorbenen Imam um einen Ebola-Verdachtsfall gehandelt hätte. Weiterhin gibt er zu verstehen, dass er die Krankenakte noch nicht studiert hätte und nur über Informationen verfügt, die "man ihm zugetragen hätte". Diese Erklärungen kommen bei Journalisten und in der Bevölkerung sehr schlecht an. Eine Klinik mit gutem Ruf hätte seriöser vorgehen müssen und beim Beachten aller Maßnahmen angesichts der sensiblen Lage selber herausfinden müssen, ob eine Ebola-Erkrankung vorliegt oder nicht. So wird der "Schwarze Peter" hin und her gereicht. Die WHO fordert die Behörden auf, die Moscheen in Diala und in Bamako-Djikoroni, wo die Personen aus dem Umfeld des Imam verkehrten zu desinfizieren und vorübergehend zu schließen. Auch eine der beiden Frauen ist laut einem Kommunikee der WHO vom 10.11. inzwischen verstorben. Der Sohn wurde positiv auf Ebola getestet und wird in einer Klinik in Siguiri (Guinea) behandelt. 
Wie viele Menschen sind mit dem erkrankten Imam und dessen Familienangehörigen in Kontakt gekommen? Wie viele Menschen haben die besagten Moscheen besucht und sind mit dem Virus in Berührung gekommen? Keiner kann diese Fragen genau beantworten.
Was nützen also all die Vorschriften und Empfehlungen, wenn unverantwortlich handelnde Menschen diese missachten? An dieser Stelle könnte ich mich aufregen über den islamischen Fatalismus (Gott hat es so gewollt. Er wird es schon richten), über das mystische Weltbild und das damit einhergehende defizitäre Menschenbild … doch das hilft im Moment auch nicht weiter.

Inzwischen sind 106 Menschen in Mali in Quarantäne und werden medizinisch überwacht, darunter auch Angehörige der UN-Schutztruppen (MINUSMA). Die WHO und die UNO haben ein waches Auge darauf, wie sich die malischen Gesundheitsbehörden jetzt verhalten. Die Sensibilisierung muss weiter gehen – über Zeitungen, TV und Radiostationen, aber auch in den christlichen Gemeinden. Solange die Risiken der Übertragung bestehen, muss das Bewusstsein wach gehalten werden. Der Tod des Krankenpflegers wird die Menschen aufrütteln und ihnen zeigen: Die Lage ist ernst. Die Gefahr ist nicht vorbei. Das Kopieren einiger Vorschriften alleine hilft uns nicht. Wir müssen kapieren, was dahinter steckt und sie auch beachten sowie eigenverantwortlich unser Verhalten überdenken. Trotz allem vergessen wir dabei nicht: Nur Gott kann uns wirklich helfen. Aber wir sind im gleichen Maße verpflichtet, uns verantwortlich zu verhalten.

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