Raus aus dem Lager

Hebräer 13,14:
Denn wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.


Natürlich wissen wir als Insider genau, was mit der Stadt im biblischen Kontext gemeint ist - Jerusalem. Die Juden sind dorthin schon regelmäßig gepilgert und wir, die Leute des neuen Bundes, wir sind auch längst schon auf Wanderschaft Richtung neue Welt, ins neue Jerusalem. Und weil wir genau wissen, dass nur Gott das neue Jerusalem planen und erbauen kann – deshalb ist es wohl am besten, dass wir warten, bis Gott soweit ist. Ihr ahnt es: diese Interpretation ist in dieser Einseitigkeit ein großes Missverständnis.

Erstens liegt das Zukünftige nicht nur im Jenseits. Und zweitens spricht Hebräer 13,14 nicht vom Warten, sondern vom Suchen.  

Die Leute, an die der Hebräerbrief geschrieben ist, waren höchstwahrscheinlich Judenchristen. Sie hatten Angst, Angst aufgerieben zu werden zwischen den religiösen und politischen Mächten des römischen Reiches. Einige waren vielleicht dabei, die Hoffnung aufzugeben, den Glauben an den Nagel zu hängen.
Das Gerede in der Gemeinde war schon seit langem im Gange. Missmut machte sich breit: Das Evangelium der Hoffnung – das ist noch nicht  mal das Papyrus wert, auf das es geschrieben ist. Ab ins Archiv, sagten die einen.
Ja genau, pflichteten die anderen bei: Es war einfach ein Irrtum. Die Sache mit Jesus – es begann alles sehr hoffnungsvoll, aber schaut euch das jetzt an. Wir sind verstreut, unserer Heimat beraubt, hier und da Repressalien und Verfolgungen ausgesetzt. Wir haben nur Ärger.
Und die Alten, die seit Anfang an dabei waren bemerkten zweifelnd: die Sache mit der Wiederkunft Jesu zieht sich unglaublich in die Länge. Wie lange sollen wir noch warten? Viel Zeit haben wir nicht mehr.

Die Aussage des Bibeltextes entlastet. Wer auf der Suche nach dem Zukünftigen ist, der weiß: ich brauche jetzt in der Gegenwart nicht alles zu erledigen.

Weil noch etwas auf mich zukommt, weil die Heimat noch auf mich wartet, deshalb muss ich nicht alles hier in meinem Leben erreichen, und ich muss es nicht alleine erreichen. Wer Geschichte mag, der kann davon ein Lied singen. Der weiß, da gab es eine ganze Reihe von Generationen vor mir, die gesucht haben, die Ziele erreicht haben, die Geschichte geschrieben und damit auch meinen Weg vorbereitet haben. Und jetzt liegt es an mir, weiter zu machen, den Staffelstab aufzunehmen und weiterzutragen zum Ziel. Und es werden Leute nach mir kommen, die weitermachen, wenn ich müde geworden bin, mir die Ideen ausgegangen sind und die Zeit meines Abschieds gekommen ist. Das finde ich entlastend und alles andere als frustrierend. Andere suchen und finden mit. Und am Ende ist es Gott selbst, der an all das anknüpft und mir eine herrliche Heimat zeigt, mich einlädt, bei ihm zu wohnen, in der künftigen Stadt.
Und jetzt bin ich dazwischen. Ich verlasse das Lager, ruhe mich nicht aus auf dem, was ich habe, sondern mache mich auf die Suche.
Raus aus Elternhäusern, raus aus theologischen Seminaren, raus aus dem jetzigen Job, raus aus der Gemeinde in einen anderen Raum.
Und dabei begegne ich Menschen und erzähle ihnen, was mich an diesem Gott begeistert, der das eigene Lager verlässt, der sich auf Menschen einlässt, der das Kreuz aus dem Lager trägt, um sich auf einem Hügel hinrichten zu lassen.
Der Zusammenhang der Jahreslosung macht deutlich, dass auch Jesus von dem Hinausgehen nicht verschont blieb. Das Entscheidende vollbringt er nicht in der ewigen Stadt Jerusalem, im Tempel – sondern da draußen.
Für Jesus hieß das: Raus aus Jerusalem, hinauf zur Hinrichtungsstätte:
12 Darum hat auch Jesus, damit er das Volk heilige durch sein eigenes Blut, gelitten draußen vor dem Tor.
Und auch wir sind einbezogen:
13 So lasst uns nun zu ihm hinausgehen aus dem Lager und seine Schmach tragen.
Die Gemeinde Jesu ruht sich nicht aus auf dem, was sie hat, sondern ist unterwegs zu einem Ziel, das sie noch nicht erreicht hat. Und unterwegs tragen wir die Schmach Christi. D.h. wir werden zu seinen Nachfolgern, wir tragen unser Kreuz, wir suchen unseren Weg durch die Wüste, durch das Land der Feinde, wir werden bereit, Opfer zu bringen. Der Weg zur Heimat ist noch lang. Dornen werden uns begegnen und an Steinen werden wir unsere Füße stoßen. Gegner werden uns auf den Senkel gehen, politische Umstände uns den Weg versperren.
Doch unsere Mission heißt: das Zukünftige, die neue Heimat, die künftige Stadt werden wir nur dann erreichen, wenn wir uns aufmachen, wenn wir suchen und uns nicht auf dem Erreichten ausruhen.
Der Vers aus Hebräer 13,14 ist keine Vertröstung auf eine ferne Zukunft. Er ist eine Einladung zur aktiven Suche, eine Einladung zum Unterwegs sein.
Das Evangelium ist eine Botschaft der Hoffnung. Sie gründet maßgeblich auf Jesus Christus, der das Zukünftige in unsere Welt gebracht hat. Jesus erzählt Gleichnisse von der künftigen Welt, wo seine Leute mit ihm am Tisch Gottes sitzen werden. Er macht den Armen und Verfolgten Hoffnung, denn ihnen gehört das Reich Gottes.
Evangelium verkündigen heißt nicht nur, auf das Zukünftige hinzuweisen. Wer Evangelium verkündigt, der trägt die Zukunft Gottes und seiner Herrschaft in die Gegenwart, in die Welt, zu den Menschen. Unter den Menschen wird Reich Gottes und damit Zukunft sichtbar. Menschen brauchen Heimat, eine Stadt, hier und heute, die schon die Merkmale des Zukünftigen trägt.

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