Malireise 2012 | Allah ist ein Schlafräuber


Es ist fünf Uhr Morgens. Aus den Lautsprechern der Moscheen in den benachbarten Stadtteilen rufen die Muezzins die Gläubigen zum Gebet. Es dröhnt laut an meine Ohren: Allah u’akbar (Gott ist groß). Vorbei die Nacht. Aussichtslos der Kampf um noch ein halbes Stündchen Schlaf. - Groß mag er sein, dieser Allah. Heute Morgen scheint er mir vorwiegend laut zu sein – zu laut, unverschämt laut. Mich reißt er aus dem Schlaf und lässt mich am frühen Morgen diese Zeilen schreiben. Allah, du bist ein Schlafräuber. Lass mir meine Ruhe, du Gott des Halbmondes.  
Arabische Gesänge begleiten die schlaftrunkenen Getreuen in die muslimischen Gotteshäuser. Wir sind im Monat Ramadan (muslimischer Fastenmonat). Das spirituelle Leben und die religiösen Vorschriften werden in dieser Zeit besonders ernst genommen. Die mit Wellblech oder Plastikfolie bedeckten Verschläge am Straßenrand, wo Frauen um die Mittagszeit Reis und Hirse mit Fleisch und Soße verkaufen, bleiben geschlossen, weil die Kundschaft lieber fastet. Besonders am späten Nachmittag, wenn der Magen laut knurrt, die Konzentration nachlässt und die Bewegungen hastiger und unüberlegter werden, dann kommt es vermehrt zu Verkehrsunfällen und unnötigen Streitigkeiten.
Der laute Gebetsaufruf ist mehr als ein Zeichen ernsthaft gelebter Religiosität. Er proklamiert vielmehr den absoluten Anspruch des islamischen Gottes über die Menschen und ihre Wohngebiete. Wenn Allah ruft, dann bleibt kein Auge mehr zu. Allahs Ruf setzt auf Befehl Menschen in Bewegung. Er nötigt zum Gang in die Moschee. Er zwingt auf die Gebetsmatte, die Richtung Mekka ausgerichtet ist. Andernorts mobilisiert er Radikale zum Jihad, zum Heiligen Krieg, gegen ungläubige Kuffar und muslimische Weichlinge, die ihren Glauben nur oberflächlich leben. Nichts scheint vor diesem islamischen Allah sicher. An diesem Morgen nervt mich die arabische Dudelei aus den Lautsprechern besonders - unrhythmisches Getöse, einfach nervig.
Andererseits werde ich dankbar für meinen christlichen Glauben, der mir nicht aufgezwungen wurde. Ich bin dankbar für Jesus, der sich mir nicht aufgedrängt hat. Ich werde dankbar für das leise Angebot der Liebe Gottes, die um mich wirbt und seine Gnade, die mir im Glauben geschenkt wird. Ich bin dankbar, dass die Kirche die dunklen Kapitel ihrer Geschichte größtenteils abgeschlossen hat, wo Politik und Religion, staatliche Macht und kirchlicher Einfluss Hand in Hand gingen. Die dunklen Seiten der Inquisitionen, der christlichen Eroberungsfeldzüge, des aufgezwungenen und öffentlich kontrollierten Glaubens, der Zwangstaufen und der mit kriegerischen Mitteln ausgefochtenen Glaubenskämpfe sind geschrieben und zugeschlagen. Neue Kapitel sind entstanden.
Dankbar bin ich auch, dass in diesem vom Islam geprägten Land die Gemeinde Jesu noch die Freiheit hat, sich frei zu versammeln und ihren Glauben zu bezeugen. Die Ereignisse der letzten Monate zeigen jedoch, dass diese Zeit der Freiheit schnell vorbei sein kann. Darum gilt es jetzt den Mund aufzutun, die richtigen Worte zu finden, in Gemeinden und in der Öffentlichkeit und den richtigen Kampf um eine freiheitliche Gesellschaftsordnung anzunehmen.

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