Nigeria | Boko Haram ermordet Christen und attackiert den Staat
Im nördlichen Nigeria sind am vergangenen Wochenende
88 Menschen ums Leben gekommen. Boko Haram, eine schlagkräftige militante
salafistische Gruppierung hat zugeschlagen. Unter den Opfern befinden sich vor
allem Christen, aber auch Polizeibeamte und Abgeordnete des nigerianischen
Parlaments.
Ursprünglich war die Polizei davon ausgegangen, es
handele sich bei den Auseinandersetzungen um die Folgen eines Streits zwischen
christlichen Bauern und muslimischen Viehhirten. Zwar spielen interethnische
Konflikte eine gewisse Rolle, doch die kritische Situation wird eindeutig von
der salafistisch terroristischen Vereinigung Boko Haram dominiert.
Der Sprecher von Boko Haram verkündet stolz: "Wir freuen
uns über den erfolgreichen Schlag gegen die Christen und die Vertreter des
Staates. Die Attacken werden weiter gehen – bis die Scharia endgültig
eingeführt wird."
Boko Haram sorgt seit Jahren für Terror im Norden
Nigerias. Ihr Ziel ist die Errichtung eines islamistischen autonomen Staates.
Toni
Görtz, Afrikareferent beim katholischen Hilfswerk missio Aachen, weißt in
einem Interview mit Radio Vatican auf die politischen Ziele von Boko Haram hin:
"Als islamistische Sekte, die sich von westlichen Einflüssen reinigen
wollte, war ihre Absicht, alle Dinge abzulegen, die durch die Kolonialzeit in
die Region herein getragen worden sind. Das eigentliche Symbol, die eigentliche
Macht, die dieses Westliche repräsentiert, war und ist der Staat und mit ihm
die Polizei.“
Außerdem ist
nicht zu vergessen, dass sich Boko Haram als islamische Bewegung gegen die
einseitige Besetzung der vorwiegend von Christen dominierten Zentralregierung
zur Wehr setzt. Dieses Motiv findet in weiten Teilen der Bevölkerung
Zustimmung. Aus diesem Grund fügt Görtz hinzu: „„Es geht darum, dass eine große Unzufriedenheit mit der Regierung und
mit dem Staat in Nigeria herrscht. Diese große Unzufriedenheit wird von Boko
Haram aufgegriffen, genutzt und instrumentalisiert, und sie haben ja auch
deshalb hauptsächlich Polizeistationen als Hauptangriffsziele gewählt, um dem
Staat und der Regierung eins auszuwischen. Boko Haram ist auch stolz darauf –
es gibt in der Beziehung immer wieder Statements – den Staat sozusagen
vorzuführen, nämlich dadurch, dass Boko Haram fast täglich größere oder
kleinere Attentate irgendwo in Nigeria verübt und der Staat dem sozusagen
machtlos und stauend gegenüber steht. Boko Haram ist auch teilweise besser
ausgerüstet als die Polizei, so dass sie häufig Angst hat und zögerlich gegen
die Attentäter vorgeht. Es ist ja bisher auch kein einziger Fall bekannt, dass
ein Boko Haram Attentäter verhaftet und vor einem Gericht verurteilt worden
wäre. Man hat einfach Angst davor.“
Boko Haram (wörtl. Fluch über Bücher
in lateinischer Schrift) ist eine terroristische islamistische Gruppierung im
Norden Nigerias, die sich gegen jeglichen westlichen Einfluss, sei er politischer,
wirtschaftlicher oder religiöser Natur, zur Wehr setzt. Ziele sind die Einführung
der Scharia und der Verbot westlicher Bildung. Beteiligung an Wahlen ist
ebenfalls verboten. Boko Haram unterhält Verbindungen zu den afghanischen
Taliban. Seit 2010 trägt die Organisation den arab. Namen: jama'atu ahli
al-sunna li-da'awati wa-l-jihad (wörtl. Verband der Sunniten
für die Einladung zum Islam und für den Jihad). Gegründet wurde die Bewegung von Sektenchef Ustaz Mohammed Yusuf. Das Hauptquartier
befand sich in Maiduguri. Die Sekte wird nach seinem Tod von einem ca. 30-köpfigen Rat
geleitet. Die Organisation ist ein Konglomerat von mehreren islamistischen
Splittergruppen. Außerdem unterhält Boko Haram Verbindungen zu islamistischen
Terroristen im Tschad, in Kamerun, zu Al-Qaida im Islamischen Maghreb (AQIM) und zu Al-Shabaab in Somalia.
Interview mit Toni Görtz : http://www.radiovaticana.org/ted/articolo.asp?c=598199
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