Mali | In Europa rollt der Ball, in Mali fliegen die Kugeln.


Während wir in Europa auf die Euro 2012 in Polen und der Ukraine fixiert sind, gehen andernorts ganz andere Kämpfe vonstatten – so im Norden Malis. Der Kampfplatz besteht nicht aus grünem Rasen, sondern aus heißem Wüstensand. In Europa rollt der Ball, in Mali fliegen die Kugeln. Vergangenen Mittwoch haben Islamisten in einem bewaffneten Kampf gegen die Tuareg die Stadt Gao eingenommen und sowohl die Kaserne, den Sitz des Gouverneurs als auch den Flughafen der Stadt unter ihre Kontrolle gebracht. Über 20 Menschen sind dabei ums Leben gekommen. Der Anführer der Tuaregrebellen wurde gefangen genommen. Damit gehört die ursprüngliche Allianz zwischen gemäßigten Tuareg und radikalen Islamisten wohl endgültig der Vergangenheit an.
Ein Sprecher der MNLA (Organisation der Tuaregrebellen) versicherte gegenüber der Presse, dass die Tuareg noch über weitere Waffenarsenale verfügen und ein Gegenangriff in Aussicht steht. Diese Meldung wurde von den radikalen Islamisten postwendend dementiert. Die Tuareg würden bis zu ihrem bitteren Ende verfolgt, so der Sprecher der MUJAO (radikale Islamisten). Ansar Diné (islamistische Gotteskämpfer), deren Hauptquartier sich in Kidal befindet, haben Kontingente zur Verstärkung nach Gao entsandt.
Die radikalen Kräfte patrouillieren in den Straßen und schüchtern weiter die Bevölkerung ein. Zuvor hatte es Demonstrationen von Jugendlichen gegeben, die gegen die Einführung der islamischen Scharia protestiert haben.
In Tombuktu ist ein junges Paar mit jeweils einhundert Schlägen traktiert worden, weil sie ein uneheliches Kind haben. Andere, die öffentlich beim Zigarettenrauchen erwischt werden, erhalten ebenfalls körperliche Strafen. So sieht die Scharia praktisch aus.
In Bamako ist die Armee dabei, Jugendliche zu rekrutieren. Ob es zu einem Waffengang zur Rückeroberung des an die Rebellion verlorenen Norden Malis kommen wird, ist noch unklar. Dies hängt entscheidend davon ab, ob die malische Regierung die CEDEAO (westafrikanische Union) und die internationale Staatengemeinschaft (Afrikanische Union und UNO) um Unterstützung und Entsendung von Truppen bitten wird. Die malischen Politiker sind sich in dieser Frage nicht einig. Einige plädieren zunächst für den Dialog mit den Rebellen unter der Vermittlung des Präsidenten Compaoré aus Burkina Faso. Andere, wie der ehemalige Außenminister Malis, hält solche Gespräche für vertane Zeit. Er spricht sich dafür aus, die malische Armee technisch und personell aufzurüsten und mit Hilfe der internationalen Truppen, die territoriale Integrität Malis wieder herzustellen.
Ein weiteres Problem bei der Wiederherstellung der Kampfkraft der malischen Armee ist ihre Führungsschwäche und die innere Gespaltenheit zwischen Putschisten und Anhängern des Ende März gestürzten Präsidenten Amadou Toumani Touré.
Unterdessen geht das Leben nach Informationen meiner Gesprächspartner in der Hauptstadt einigermaßen normal von statten.  Europäer und Amerikaner sind teilweise wieder nach Mali zurückgekehrt. Banken und Geschäfte funktionieren relativ normal und auch der internationale Flugverkehr ist gewährleistet. Dennoch liegt eine gewisse Spannung über dem Land. Die Konflikte sind längst noch nicht ausgetragen.

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