Mali | Regierungsbildung schwierig und Spannungen im Norden
Die Vermittlungsgespräche in Burkina Faso waren erfolgreich. Vertreter
der malischen Zivilgesellschaft (Parteien, Religionen u.a.) und der Militärrat
haben sich auf einen neuen Ministerpräsidenten geeinigt, der die
Übergangsregierung bilden soll.
Schon letzte Woche ist der ehemalige Parlamentspräsident zum neuen
Übergangspräsidenten ernannt worden. Dies stieß auf große Zustimmung seitens
der westafrikanischen Nachbarn und der internationalen Staatengemeinschaft.
Die Verhandlungen waren nicht einfach und zwischendurch hatte man den
Eindruck, dass die Putschisten nach wie vor ihre Dominanz ausspielen wollen und
damit die diplomatischen Bemühungen ersticken.
In Bamako ist es zu überraschenden Festnahmen einiger Politiker durch
den Militärrat gekommen. Es wird ihnen vorgeworfen, dass sie im Besitz von
Waffen waren und einen Gegenputsch hätten starten wollen. Der ehemalige
malische Staatspräsident hat Mali inzwischen Richtung Senegal verlassen, um dem
möglichen Zugriff der Putschisten zu entgehen.
Die Regierungsbildung gestaltet sich schwierig, da die Militärs auf
die Besetzung einiger wichtiger Ministerien pochen (Verteidigung, Finanzen,
Wirtschaft).
Letzte Woche gab es erste Vermittlungsgespräche mit den Tuaregrebellen
im Norden. Die gemäßigten Kräfte schlagen eine föderale Lösung vor. D.h. das
von den Tuareg für unabhängig erklärte Gebiet des Azawad (Nordmali) soll von
Tuareg regiert werden, aber dennoch Bestandteil eines ungeteilten malischen Territoriums
bleiben.
Die radikalen islamistischen Kräfte lehnen solche Lösungen strikt ab. Ihr Ziel ist es nach wie vor, Mali in ein islamisches Kalifat zu verwandeln
und im ganzen Staatsgebiet die Scharia umzusetzen. Um ihre Stärke zu
demonstrieren, haben sie ca. 160 Soldaten der offiziellen malischen Armee aus
der Gefangenschaft entlassen. Das Signal ist deutlich: Wir sind die Herren im Norden und bestimmen den Rhythmus der Politik.
Augenzeugen berichten, dass auf einem Flughafen im Norden Waffe mit bisher unbekanntem Ursprung angekommen und an die radikalen
Kräfte verteilt worden seien. Dies deutet darauf hin, dass die radikalen Kräfte
die aktuelle sich beruhigende Lage nutzen, um Zeit zu gewinnen und ihre
Positionen auch im Norden zu festigen und militärisch abzusichern.
Der neue Ministerpräsident hat inzwischen seine
Verhandlungsbereitschaft mit der islamischen Rebellion signalisiert. Strikt ausgeschlossen
sei jedoch die Teilung Malis. Der Bevölkerung im Norden sicherte er seine volle
Unterstützung zu.
Worte sind jedoch nicht genug. Die Bevölkerung Bamakos hat praktische
Maßnahmen eingeleitet und Hilfslieferungen (Lebensmittel, Medikamente) für die
notleidende Bevölkerung in Gao und Tombuktu organisiert. Auch dem Roten Kreuz
ist es gelungen, erste Hilfstransporte nach Tombuktu auf den Weg zu bringen. Die humanitäre Situation bleibt prekär.
Die CEDEAO (westafrikanische Wirtschaftsunion) berät parallel zu den
Ereignissen in Mali, ob und wie sie in Mali eingreifen soll. In der malischen
Bevölkerung des Südens fragt man sich: Wann werden Maßnahmen gegen die territoriale Teilung des Landes ergriffen, um die faktische Teilung des Landes rückgängig zu machen? Wann wird
die Armee eingreifen? Und wer wird sie die dabei unterstützen?
Aus malischen Zeitungsberichten war heute zu entnehmen, dass es in
Kidal heftige militärische Auseinandersetzungen zwischen Tuareg und
radikalislamischen Kämpfern gegeben hat. Beobachter sprechen von einer Talibanisierung
im Norden Malis (d.h. islamistische Guerillakämpfer wie in Afghanistan, die durch gezielte Schläge eine Stabilisierung der Lage unmöglich machen). Das positive an der Entwicklung ist: Solange die islamistischen Gruppen im Norden mit sich selber beschäftigt sind, solange besteht die Hoffnung, dass es keine weitere geographische Ausweitung der Rebellion Richtung Süden geben wird.
Viel ist in Bewegung in diesen Tagen. Manche Fronten müssen noch
geklärt und praktikable Lösungen gefunden werden. Mali braucht besonnene
politische Akteure und unsere Gebetsunterstützung.
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